Neuerscheinung zum „Kontaktraum Unterelbe“ im Mittelalter

Die Lübecker Nachrichten stellen das vor kurzem erschienene Werk „Adel, Kirche, Herrschaft – Die Unterelbe als Kontaktraum im europäischen Kontext des 10. bis 13. Jahrhunderts“ von Günther Bock vor:

http://www.ln-online.de/Lokales/Stormarn/Neuer-Blick-auf-die-Geschichte

Günther Bock verfolgt einen spannenden, gänzlich anderen Ansatz als die traditionelle Landesgeschichtsschreibung, indem er der Chronik Helmolds von Bosau mit großer Skepsis begegnet und verstärkt familiäre Zusammenhänge von Führungsschichten in den Blick nimmt, die über Elbe, Königsau und Trave hinausreichen.

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Ein Gedanke zu “Neuerscheinung zum „Kontaktraum Unterelbe“ im Mittelalter

  1. Das Buch ist für die Landesgeschichte Schleswig-Holsteins im Hochmittelalter kein Gewinn, sondern eher eine Gefahr.

    Wenn zu einem Problem bisher zwei Lösungen vertreten wurden und man dazu eine eigene Meinung hat, stellt man die Lösungen A und B mit ihren Argumenten vor und begründet, warum die eigene Lösung C demgegenüber vorzugswürdig sei. Mit solchen Feinheiten hält sich der Autor nicht auf. Er stellt auf 29 Genealogien seine Vorstellung von der Versippung des Hoch- und Niederadels dar. Nirgends kennzeichnet er, welche Verbindung dabei diplomatisch gesichert, von wem zumindest wahrscheinlich gemacht oder nur von ihm selbst behauptet ist. Auch im umfangreichen Textteil findet man dazu wenig bis nichts. Selbst wenn es ausnahmeweise für eine neue Zuordnung eine kurze Begründung gibt, kommt diese manchmal erst Hunderte von Seiten nach der ersten Genealogie, in der diese Verbindung schon als Tatsache dargestellt wird. Damit sind alle Genealogien für die künftige Landesgeschichte wertlos, weil jede Filiation einzeln überprüft und hinterfragt werden muss. Da für die genalogischen Behauptungen oft ein Nachweis fehlt, kann der Leser nicht nachvollziehen, woher sie eigentlich kommt.

    Eine Kernthese der Arbeit ist die Behauptung, dass das halbe Erbgut des sächsischen Markgrafen und Herzogs Hermann Billung (+ 973) über seinen Sohn Graf Liudger I. (+ 1011) zunächst an dessen mutmaßlichen Sohn Luidger II. (+ 1033) gelangt sei. Liudger II. sei durch seine Schwester Rikquur (+ nach 1059) beerbt worden, deren nichtehelicher Sohn Heinrich als erster Graf vom Hamburg über das halbe Billungererbe verfügen konnte. Dessen Nachkommen und Erben seien u.a. die Herren von Barmstedt gewesen. Abgesehen von der völlig ungesicherten Zuordnung des jüngeren Liudgers zu den Billungern konnte eine Schwester nicht ihren Bruder beerben, wenn die gemeinsame Mutter noch lebte. Die heilige Emma von Lesum, die Witwe des Grafen Liudger I., starb erst 1038. Viel gravierender ist jedoch, dass ein nichtehelicher Sohn nicht erbberechtigt war. Dies konnte weder ein päpstlicher Dispens noch ein Spruch des Königs bzw. Kaisers heilen. Zudem hatte Graf Liudger I. auch Erbgut im Bardengau, im Elbe-Weser-Dreieck und in Westfalen besessen, welches Bock ignoriert, weil es nicht zu seinen erbrechtlichen Behauptungen passt.

    Die älteste Urkunde zur Landeskunde, die in Schleswig im Original erhalten ist, ist die sogenannte Rikquur-Urkunde von 1059. Hier behauptet Bock unter Berufung auf die Forschungen von Bernhard Schmeidler (+ 1959), dass die Urkunde eigenhändig von dem berühmten Geschichtsschreiber Adam von Bremen (+ Ende 11. Jh.) geschrieben worden sei. Tatsächlich steht bei Schmeidler auf der zitierten Seite zutreffend kein Wort davon, denn Adam kam erst um 1066 als Domherr nach Bremen.

    Große und kleine Fehler dieser Art findet man alle zwei, drei Seiten.

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